Ein neues Hungertuch hat das bischöfliche Hilfswerk MISEREOR fertigen lassen.
Es wird uns wieder durch die Zeit vor Ostern (Fastenzeit) begleiten.
Das Bildmotiv scheint wie aus dem Alltag genommen.
Aber das soll es ja, mit unserem Leben zu tun haben. So hat es die Künstlerin auch gemeint.
Junge Menschen begegnen einander. Sie schauen sich an bzw. sie schauen die Betrachtenden an. So sind wir Zuschauende mit in dieses Bild hineingenommen.
Es sind Begegnungen von Menschen aus Bildmaterialien der Aktion Misereor aus vergangenen Jahren.
Unabhängig von jeder Deutung durch die Künstlerin kann jeder/jede von uns das Hungertuch-Bild betrachten und seine Gedanken dazu haben.
Eine Betrachtung der Theologin Annette Jantzen ( zum 1. Fastensonntag) möchte ich zur persönlichen Besinnung an dieser Stelle geben:
Hallo, Gott, sag ich. Schön, dich zu sehen.
Dich auch, sagt Gott und setzt sich zu mir an den
Strand. Und Meerblick ist auch immer gut.
Ich hab das Meer schon immer gemocht, sag ich.
Aber ich war auch noch nie in Seenot
oder gestrandet.
Ich weiß noch, wie du als Kind auf dem Weg nach
Helgoland warst, sagt Gott. Das war dir ganz schön
unheimlich, draußen auf dem Meer vom großen in
das kleine Boot umzusteigen.
Das stimmt, sag ich.
Wir schweigen eine Weile.
Gott summt leise vor sich hin
und malt mit den Fingern in den Sand.
Ich sehe in den Himmel und dann zu Gott.
Was schaust du mich so an?, fragt Gott.
Ich dachte nur gerade, wie unfassbar groß du sein
musst, sag ich. Das Meer ist ja so weit und der
Himmel so hoch und das ist nur ein ganz winzig kleiner
Bruchteil von allem.
Ja, sagt Gott.
Mehr Astrophysik im Theologiestudium wäre vielleicht
nicht schlecht, sag ich. Um die Dimensionen
klar zukriegen.
Ach, sagt Gott. Ich glaube, entweder kommt ihr da
auch ohne Studium drauf, oder das Studieren nützt
dann auch nicht mehr viel.
Das mag sein, sag ich. Und dann ist es ja noch so,
dass wir auf das Kleinste achten müssen, auf Babys
und kleine Kinder zum Beispiel, und wenn denen was
passiert, dann geht eine ganze Welt kaputt.
Ja, sagt Gott leise.
Und dann tut das so weh, dass noch das größte
Universum das Wehtun nicht fassen könnte, sag ich.
Gott schweigt.
Und bei Kindern sieht man am besten, dass wir nicht
vom Brot allein leben, sag ich. Wir brauchen, dass
uns jemand sieht.
Gott schaut mich an.
Gedankenspringen ist halt mein Lieblingssport,
sag ich.
Gott lacht.
Ich meine, weil du auch das alles siehst, sag ich.
Wenn uns Winzlingen eine Welt kaputt geht.
Gott wird wieder ernst. Ja, sagt Gott. So mag das
wohl sein.
Wir schweigen wieder.
Ich schau so gerne mit dir aufs Meer, sag ich.
Da bin ich ganz klein und ganz groß gleichzeitig.
Das ist schön, sagt Gott. Ich zieh dann gleich
mal weiter.
Ok, sag ich. Hab es gut.
Du auch, sagt Gott und steht auf. Bis bald mal wieder.
Und Amen.
Impressum:
Bischöfliches Hilfswerk Misereor e.V., Mozartstraße 9, 52064 Aachen
postmaster@misereor.de, www.misereor.de
Ihr Ralf Schlösser